Vorstellungsrede

October 7th, 2023

Als Bürgermeister wird man nicht geboren, man kann es auch nicht lernen: Weder gibt es das Schulfach Bürgermeister noch eine duale Ausbildung, und studieren kann man es auch nicht. In dieser unbeständigen Zeit ist es mir wichtig, dass möglichst niemand den Boden unter den Füßen verliert, und dass Sie alle die Chance haben, Schritt zu halten und sich nicht überfahren fühlen. Lesen Sie hier meine Vorstellungsrede nach.

Rainer Beel

Vorstellungsrede

5. Oktober 2023


Guten Abend!

Mein Name ist Rainer Beel, ich komme aus Freudenberg in Südwestfalen, und Loriot würde an dieser Stelle ergänzen: Ich möchte hier Bürgermeister werden.

Spaß beiseite, denn ich möchte das wirklich, und deshalb stehe ich heute Abend hier oben und muss in 20 Minuten auf den Punkt kommen, ohne bei Ihnen Langeweile aufkommen zu lassen.

Zuerst möchte ich Ihnen etwas über mich und meinen Lebenslauf sagen, dann ganz allgemein über meine politische Verortung sprechen, und schließlich möchte ich Ihnen mein Vorstellungen von einer guten Stadtentwicklung hier in Stockach präsentieren und Ihnen einen Ausblick darauf geben, was Sie von mir als Bürgermeister erwarten können.

1. Über mich und meinen Lebenslauf

Wer bin ich? Ein Mann, 57 Jahre alt, ledig, kirchlich gebunden, ein bisschen aufmüpfig, ein bisschen stur, ziemlich authentisch und traditionellen Werten verpflichtet: Man kann mich beim Wort nehmen und, soweit es an mir liegt, halte ich Wort.

Ich mag Funk, Groove & Soul, manchmal auch Charts, und für theologische und philosophische Debatten bin ich immer zu haben. 

Die Würde, die Helmut Schmidt ausstrahlte, imponiert mir bis heute, und Rosamund Pike wäre meine Traumfrau.

Studiert habe ich in Siegen und Gießen: Pädagogik, Englisch und Theologie. Meinen Abschluß habe ich an der Gießener Justus-Liebig-Universität gemacht.

Beruflich bin ich lange Zeit ein Tramp gewesen mit Stationen im Einzelhandel, in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft, im kaufmännischen Außendienst und so weiter. Seit 20 Jahren bin ich Lehrer, zuerst in der Erwachsenenbildung, aktuell sogar an einer Grundschule. Ich würde mich freuen, all diese beruflichen und allgemeinen Lebenserfahrungen in mein zukünftiges Amt als ihr Bürgermeister einzubringen.

Ich habe mal einen Sprachkurs Rumänisch ins Leben gerufen und organisiert, weil es schlichtweg kein anderes Angebot gab, auch eine Kulturveranstaltung. In Freudenberg bin ich zehn Jahre lang sehr aktiv in der Kommunalpolitik gewesen, davon 6 Jahre als Vorsitzender einer Fraktion.

Ich reise gerne und schwimme gerne, ich mag gesellige Runden und, wenn es dann Käsepätzle, Shepherd’s pie oder Tocăniţă gibt, dann bin ich hin und weg.

Ich bin Mitglied im Zentralrat der Orientalischen Christen in Deutschland, im Arbeitskreis für Vergleichende Mythologie und bei den Sejerlänner Jong.

Wenn das alles nach politischer Mitte und Mäßigung klingt, dann ist das nicht falsch. Aber, wir leben in erstaunlichen Zeiten: Traditionelle Milieus sind weggebrochen, der Staat gibt sich mal butterweich, mal knallhart. Unsere gesamte Gesellschaft befindet sich gegenwärtig in einem tiefgreifenden Wandel, manche sprechen sogar von einer «Zeitenwende».

In den vergangenen Jahren haben wir in Deutschland alle zusammen eine enorme Integrationsleistung erbracht. Menschen aus vielen Ländern sind aus den unterschiedlichsten Gründen zu uns gekommen und haben hier in der Regel eine gute Aufnahme und neue Heimat gefunden. In letzter Zeit fragen sich allerdings viele Bürgerinnen und Bürger quer durch alle sozialen Schichten und ungeachtet aller Parteizugehörigkeiten und sonstigen weltanschaulichen Festlegungen nach ihrer eigenen Identität. Unsicherheiten werden deutlich; manche äußern Angst vor Überfremdung.

Menschliches Zusammenleben und ein demokratisches Gemeinwesen können nur gedeihen, wenn über Meinungsverschiedenheiten auch hart gerungen werden kann. In den vergangenen 3, 4 Jahren habe ich das vollständig vermisst. Politische Teilhabe ist keine Frage von Gefolgschaft oder Feindschaft. Die Demokratie braucht den Diskurs. Sonst bestimmen Extremisten die Themen, und Extremisten gibt es auch in der Mitte der Gesellschaft. 

In einer Demokratie hat keiner die Wahrheit für sich alleine gepachtet, und auch nicht die Moral. Demokratie heißt Meinungsverschiedenheiten auszuhalten, politische Kompromisse zu suchen und die Freiheit aller zu achten. Wessen Politik aus Dissen und Ausgrenzen besteht, der spaltet und scheitert an sich selbst.

2. Meine politische Verortung

Damit komme ich zu meiner eigenen politischen Verortung. Ich habe geschrieben: Politisch bewege ich mich zwischen den Grünen und der AfD, «ohne in das eine oder andere Extrem zu fallen.»

Damit meine ich: Ich sehe mich in der Mitte: Zeitenwenden und Paradigmenwechsel machen mich grundsätzlich stutzig. Aber ich halte die Mitte nicht für einen sich ängstlich gegen alle Extreme abgrenzenden Rest. Jeder von uns reagiert auf radikale Herausforderungen auf seine Weise; wir spüren manchen Widerspruch in uns selbst, und merken dabei: Nicht alles was von jenseits der eigenen Komfortzone kommt, ist an sich Wahnsinn.

Entscheidungen werden von Menschen gemacht, deshalb ist es in Zeiten wie diesen ein Vorteil, einen furchtlosen Bürgermeister im Rathaus zu haben. Auch aus diesem Grund bitte ich um ihr Vertrauen und um ihre Stimme.

Was möchte ich denn gerne mitentscheiden, was sind meine Vorstellungen von einer guten Stadtenwicklung hier in Stockach?

3. Mein Wahlprogramm

Krankenhaus und kommunale Infrastruktur

Der Erhalt des Stockacher Krankenhauses ist für mich von größter Bedeutung. Nicht von ungefähr ist der Krankenhausförderverein der größte Verein in Stockach und auch der größte Krankenhausförderverein in Deutschland. Auch die Stadt Stockach leistet ihren Beitrag zum Erhalt des Krankenhauses, politisch und finanziell, indem sie viel Geld zuschießt. Aber mir ist selbstverständlich auch bewusst, dass sich viele Eltern in Stockach Gedanken darüber machen, wie sie die Beiträge für Kita- und Kindergartenplätze aufbringen können. Die Stadt muss auch dafür Zuschüsse geben. 

Als Bürgermeister sehe ich meine Aufgabe darin, es nicht zu Gegensätzen und Ausschließlichkeiten kommen zu lassen. Die Stadt hat viele Aufgaben zu erfüllen. Daseinsvorsorge, zu der auch Schulen, Bäder und kulturelle Angebote gehören, ist ein laufender Prozess, in dem ich als Bürgermeister eine vermittelnde Kraft sein möchte.

Wärmeplanung und bezahlbares Wohnen

Alle Kommunen sind derzeit in der Pflicht, eigene Wärmeplanungen zu machen. Das bedeutet, dass die Bezahlbarkeit von Wärme und Wohnen in Zukunft auch in den Rathäusern entschieden wird. Für mich steht in diesem Prozess die Bezahlbarkeit ganz klar im Vordergrund. Gerade für Haushalte mit mittleren oder kleinen Einkommen darf die Grenze der Belastbarkeit nicht überschritten werden. Als Bürgermeister möchte ich mich von Pragmatismus statt Utopie leiten lassen. Deshalb bitte ich um Ihr Vertrauen.

Oberstadt und Ortsteile

Die Stockacher Oberstadt ist im Vergleich zu den Innenstädten anderer Gemeinden dieser Größe gut aufgestellt: Es gibt eine Reihe von Fachgeschäften, manche sogar zur Auswahl, und man kann sich auf einen Kaffee, einen Wein oder ein Bier treffen. Damit erfüllt die Oberstadt auch eine wichtige Bindefunktion für die Ortsteile. Um sie noch attraktiver zu machen, müsste sie einerseits stärker vom Durchgangsverkehr entlastet werden und andererseits besser erreichbar sein. Was mir vorschwebt, ist z. B. ein Pendelbus. Dieser könnte vom Bahnhof über die Ludwigshafener Straße und Weißmühlenstraße zur Hauptstraße fahren und von dort weiter durch die Zoznegger Straße am Seniorenzentrum vorbei zum Rathaus und von dort wieder zurück zum Bahnhof.

ÖPNV und Individualverkehr

Ich bin dabei, wenn es darum geht, die Bahnstrecke von Stockach nach Meßkirch wieder fit für den Linienverkehr zu machen. Für Stockach hätte das nicht nur den Vorteil einer neuen Haltestelle in Hindelwangen. Für Pendler und Schüler brächte die Reaktivierung der Strecke enorme Vorteile, aber auch für alle, die nur gelegentlich das Angebot nutzen und bisher hauptsächlich auf das Auto angewiesen sind.

Zurückhaltender bin ich beim Thema Umgehungsstraße. Ich sehe derzeit keine Notwendigkeit, Jahrzehnte vorauszuplanen, denn es ist fraglich, wie sich der Individualverkehr in Zukunft entwickelt. Für geboten halte ich aber die Entlastung der Anwohner und eine zügigere Passage des Durchgangsverkehrs: Je näher die Umfahrung an der Stadt ist, desto geringer der Flächenverbrauch und desto besser kann der innerstädtische Verkehr auf die Ortsumgehung ausweichen.

Kindergärten und Schulen

Selbstverständlich werde ich mich um Verbesserungen bei der Anzahl und Bezahlbarkeit von Kita- und Kindergartenplätzen in der gesamten Stadt Stockach bemühen. Dazu gehört auch, im Rahmen meiner Möglichkeiten als Bürgermeister für gute und faire Gehälter sowie einen überdurchschnittlichen Personalschlüssel zu sorgen. Dem neuerlichen Anstieg der Kindergartengebühren um 5 Prozent muss wenigstens eine spürbare Verbesserung der Leistungen entgegenstehen. Für Eltern muss die Betreuung vor allem zuverlässiger werden.

Da ich selber Lehrer bin, liegt mir auch die Ausstattung und Unterstützung der Schulen am Herzen.

Sie merken schon, ich bin keiner, der die Stadt aus den Angeln heben will. Vielmehr ist es mir wichtig, dass in dieser unbeständigen Zeit möglichst niemand den Boden unter den Füßen verliert, und dass Sie alle die Chance haben, Schritt zu halten und sich nicht überfahren fühlen. Deshalb gilt das, was ich eben über die Zeitenwende gesagt habe, für alle so hektisch herbeigeredeten Wenden.

So zum Beispiel für die Verkehrswende, die fast nur im Zusammenhang mit Kostenexplosionen, Einschränkungen und Verboten thematisiert wird. Ich aber halte Verbesserungen und Erleichterungen für sinnvoller als Einschränkungen und Verschärfungen: mehr öffentlicher Nahverkehr, intelligente Ampelschaltungen und, wo möglich, mehr Homeoffice-Arbeit von Pendlern sind Initiativen, die ich unterstütze.

Auch was die Energiewende angeht, möchte ich mich den vielen Aufgeregtheiten nicht anschließen. In Stockach wie überall in Baden-Württemberg und darüber hinaus, sind so viele Leitungen in der Erde vergraben, und damit stecken so viele Investitionen und Realwerte im Boden, dass ich mir schlicht und einfach nicht vorstellen kann, dass man dieses Vermögen einfach so abschreibt. Zusammen mit den Stadtwerken und mit Experten von außerhalb, die etwas davon verstehen, möchte bei der Wärmeleitplanung Alternativen gegenüberstellen, so dass wir hier vor Ort klug entscheiden können, und damit bin ich bei meiner Amtsführung.

4. Was können Sie von mir als Bürgermeister erwarten?

Zwar bin ich kein Verwaltungsfachmann, aber ich habe zehn Jahre lang im Freudenberger Rat mitgearbeitet und dadurch viele Insider-Erkenntnisse gewonnen und komplett neue Erfahrungen gesammelt. Ich kann Bilanzen lesen, und politisch ist mit mir immer zu rechnen gewesen. Zu Hause wollte es einfach nicht klappen. Aber die Aufgabe, eine Verwaltung zu führen und weiterzuentwickeln, hat mich immer gereizt. Daher kommt hier meine Kandidatur in Stockach: Stockach ist absolut nicht zufällig gewählt. Seit ich zur Fasnet in Stockach war, weiß ich: Stockach und ich, wir passen zusammen: Wir sind ein Match!

Kompetenzen zusammenführen

“Er hat sich fachlich eingearbeitet, ist menschlich korrekt gewesen und hat unseren Ort nach vorne gebracht.” Das würde ich nach 10 Jahren Bürgermeister gerne hören – am liebsten von denen, die mich nicht gewählt haben. 10 Jahre, dann ist Schluss, versprochen! Was für mich spricht: Ich kann zuhören, Kontakte knüpfen und wechselseitiges Vertrauen aufbauen. Dabei spielt es für mich keine Rolle, ob jemand alteingesessen ist oder einen Migrationshintergrund hat. Ich möchte dafür sorgen, dass nicht über Sachzwänge diskutiert wird, sondern über Lösungen – und zwar immer zusammen mit den direkt Betroffenen, egal ob Bürger oder Unternehmen, und natürlich mit den Fraktionen, denn am Ende zählt der bestmögliche Kompromiss.

Mediator sein

Wenn man akzeptiert, dass Menschen unterschiedlich leben, erkennt man schnell: Ein guter Bürgermeister ist ein guter Mediator. Einer, der Respekt genießt, weil er anderen Respekt entgegenbringt. Dazu gehört es auch, keinen Filz zu schaffen. 

Nicht allen Erwartungen kann man entsprechen, und manchmal muss man Nein sagen, auch zu Freunden und Gönnern. Ich kann das.

Garantiert unparteilich: Beel, die beste Wahl

Ob man Mitglied einer Partei ist oder nicht, hängt davon ab, ob man eher auf die Stimme des eigenen Gewissens oder auf Voten von Parteigremien hören will. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Mir liegt es nicht, anderen nach dem Mund zu reden, deshalb bin und bleibe ich parteifrei. Das hat auch mit meinem lutherischen Menschenbild zu tun: Ich erwarte vom Einzelnen nicht allzu viel, deshalb lege ich auch keine falschen Maßstäbe an. Ich freue mich schon, wenn alle halbwegs miteinander zurechtkommen: «Jeder soll», so damals schon Friedrich II., «nach seiner Fasson selig werden.»

Ein guter Bürgermeister muss vielen Vorstellungen gerecht werden.

Als Bürgermeister wird man nicht geboren, man kann es auch nicht lernen: Weder gibt es das Schulfach Bürgermeister noch eine duale Ausbildung, und studieren kann man es auch nicht.

Die einen wünschen sich einen Verwaltungsinspektor, die anderen einen Sozialarbeiter; wieder andere glauben, ein guter Bürgermeister müsse ein guter Jurist sein, und manche finden, er müsse vor allem trinkfest sein. Es gibt so viele Vorstellungen davon, was einen guten Bürgermeister ausmacht, dass man vor allem eins sein muss: ein Generalist, und das bin ich.

Warum sollten Sie mir am 15. Oktober ihr Vertrauen schenken und ihre Stimme geben?

Weil ich der Aufgabe, eine moderne Kommunalverwaltung zu führen und weiterzuentwickeln, gewachsen bin, und weil ich ein guter Vermittler bin. Die längste Zeit meines Berufslebens habe ich Eigeninitiative, persönliches Engagement und Kreativität an den Tag gelegt. Teambuilding und Mitarbeitermotivierung sind für mich keine Fremdworte, und ich scheue mich nicht, falls nötig, unbequeme Entscheidungen zu treffen und dafür auch die Verantwortung zu übernehmen.

Auch im privaten Leben habe ich mich vielfältig eingebracht und neuen Herausforderungen gestellt: in der Kommunalpolitik zum Beispiel, im Kirchenvorstand und in Vereinen. Ich weiß Dinge zu präsentieren und andere in ihrem Engagement zu unterstützen. Flexibilität und Sicherheit im Auftreten habe ich beruflich wie privat gelernt und unter Beweis gestellt. Verbindlichkeit und Verhandlungsgeschick im Umgang mit Dritten und ein Verständnis für interne Verwaltungsabläufe sind vorhanden.

Ich kann mir gut vorstellen, in Stockach zu leben und meine inzwischen erworbene Zuneigung zu Stockach zum Nutzen aller einzubringen. Ich denke, es ist nicht so entscheidend, wo jemand herkommt. Was zählt, ist, ob er dazupasst.

Ich passe nach Stockach, und ich würde mich freuen, wenn ich Sie heute Abend davon überzeugt habe.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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