Annette Kurschus, ein theologischer Nachruf

November 21st, 2023

Annette Kurschus richtete stets hohe moralische Erwartungen an andere. Sich selbst daran messen lassen, wollte sie sich nicht. Als sie Farbe bekennen sollte, wich sie erst aus und schmiss dann trotzig hin. Ein theologischer Nachruf.

Wie die meisten, bin ich nur Beobachter des sukzessiven Abgangs von Kirchenchefin Annette Kurschus gewesen, aber kein stiller. Ich habe das auf Facebook mehr als einmal kommentiert, und das war mir ein Bedürfnis.

Chefinnensache

Politisch hat Annette Kurschus stets klare Ansagen gemacht. Als Christ müsse man geimpft sein, sich an Klimastreiks beteiligen und sich gegen eine Obergrenze für Asylbewerber aussprechen. Bei der Aufarbeitung von Missbrauch in ihrer Amtskirche und dem Sozialkonzern Diakonie solle es « kein Zögern und keine Rücksichtnahme mehr » geben. Das sei jetzt Chefinnensache.

Zurückhaltend in Glaubensfragen

Zurückhaltend war sie, wenn es um Glaubensfragen ging: « Ihr Glaube kenne auch Dürrezeiten. » Einen Glauben, der sich zu stark auf das Wort konzentriere, nannte sie belastend und unfrei. Ihr Gottesbild war starr: « Ich glaube, dass Gott die Erde ins Leben gerufen und den ungeheuren Prozess der Evolution in Gang gesetzt hat. » Der Mensch sei heute ein « verantwortliches Gegenüber » Gottes und nutze die Möglichkeiten der Vernunft und des Verstandes, um seine Dinge weitestgehend allein zu regeln.

Das ist zumindest nicht mein Glaube, nicht der Glaube, den ich als lutherischer Christ bekenne.

Es galt allein ihr Wort

Frau Kurschus hat damit breite Außenwirkung erzielt. Sie hat für sich in Anspruch genommen, für die Christen (« wir Christen »), also für alle Christen zu reden, allerdings hat sie mich und die vielen anderen in und außerhalb ihrer Kirche nie danach gefragt. Es galt allein ihr Wort. Aber als man sie beim Wort nahm, zur Erinnerung: « kein Zögern und keine Rücksichtnahme mehr », da reagierte sie trotzig und wütend, sprach von einer Medienkampagne und sagte, sie sei mit sich selbst im Reinen.

Impfen als göttliches Gebot

Ich habe mich von Frau Kurschus nie vertreten gefühlt, und das nicht nur, weil ich nicht ihrer Kirche angehöre. Es hat mich geärgert, als sie in der Corona-Zeit Stellungnahmen raushaute wie: « Impfen ist eine Pflicht aus christlicher Nächstenliebe heraus » und dann noch gleich hinzufügte: Wer mit religiösen Motiven gegen die Impfung argumentiere, missbrauche, « was Gott den Menschen zugesagt und was er aufgetragen hat ». Impfen war also Gottes Gebot, und ich damit ein Ketzer.

Das Gegenteil des christlichen Glaubens

Ich denke, Frau Kurschus ist widerfahren, was sie selbst heraufbeschworen hat. Ein blut- und inhaltsleeres Evangelium, das einen fernen Gott verkündet, der gelegentlich mal nachschaut, was aus seiner Evolution geworden ist, halte ich für das Gegenteil des christlichen Glaubens. Ich bin froh, mir all die Tipps und Ansagen zu meiner Lebensführung, die der wundersamen Theologie von Frau Kurschus entsprungen sind, nicht mehr anhören zu müssen.

Ich bin froh, dass sie weg ist.

3 thoughts on “Annette Kurschus, ein theologischer Nachruf

  1. glaubt denn jemand das ein oder eine andere Ratsvorsitzende/ Präses das Evangelium deutlicher verkündet und auch lebt ? Da wird es so gut wie niemanden geben der/dem dies am wichtigsten ist. Selbstdarsteller haben wir jede Menge und vor jeder Haustür. Das Frau Kurschus oft weit entfernt war das Wort Gottes beim Wort zu nehmen..dies wusste auch ich.Man brauchte nur mal ihre Morgenandachten im Funk zu hören. Für mich als Bibetreuer absolut indiskutabel. Ok..sie ist weg..auf was warten wir ?

  2. Lieber Herr Beel,
    jedes Unternehmen erwartet völlig zu recht, dass Mitarbeiter des Unternehmens “voll und ganz” nicht nur hinter dem Unternehmen stehen, sondern auch hinter den Produkten des Unternehmens, und diese auch mit ganz Kraft anpreisen!
    Nicht so die Kirche.
    Kurschus war Mitglied dieser unseligen Delegation 2016 in Jerusalem und hatte ebenso wie ihr Ziehvater “natürlich” das kreuz beim besuch des Tempelbergs abgelegt.
    Hatte da nicht irgendwo ein Hahn 3 mal gekräht?

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