Warum ich mich nicht impfen lasse

August 4th, 2021

Über einen medizinischen Eingriff in meinen Körper, nichts anderes ist eine Impfung: ein Eingriff in das Immunsystem, entscheide ich ganz alleine. Das muss ich weder begründen noch muss ich mich dafür rechtfertigen. Die aufgeheizte Debatte in Deutschland verlangt aber nach einer theologischen Refexion, und weil sich die Amtskirchen darum drücken, will ich versuchen, eine öffentliche Orientierung zu geben.

Ich lasse mich aus Gründen der politischen Ethik nicht impfen. Ich bin kein Arzt und urteile demnach nicht als Mediziner. Aber ich habe mich mit einer befreundeten kurdischen Ärztin mehrmals ausgetauscht. Auch sie wird sich nicht gegen COVID-19 impfen lassen, aus gut begründeter Angst vor Neben- und unerwünschten Langzeitwirkungen. Mit der Infektion hat sie Erfahrung, beruflich wie persönlich: sie ist genesen.

In Deutschland und anderswo versuchen zunehmend Politiker und Verbandsfunktionäre das Meinungsbild zu bestimmen. Gegenmeinungen werden als Verschwörungstheorien, Sondervoten oder blanker Unsinn, wenn nicht gar als rechtsradikal abgetan. Das ist weder demokratisch noch wissenschaftlich, denn Demokratie und Wisssenschaft leben vom Diskurs: von der Rede und Gegenrede, von Beweisen und Gegenbeweisen bis vorläufig eine mehrheitsfähige Übereinkunft gefunden worden ist. Bei COVID-19, so sagen diese Politiker, ist es anders: die einen haben einfach recht, die anderen sind völlig im Unrecht. Ich bin Theologe, die Begriffe für diese Haltung in meiner Disziplin sind Rechtgläubigkeit (Orthodoxie) und Ketzerei (Häresie).

Von Orthodoxie und Häresie zu sprechen macht Sinn, immer wenn es um Weltanschauung und Bekenntnis geht. Ich z. B. bekenne mich zur Dreifaltigkeit, zur Augsburger Konfession und zur Ehe als Schutz der Liebe zwischen Mann und Frau. Aber ganz ausdrücklich bekenne ich mich NICHT zu irgendeiner staatlich vorgeschriebenen Moral und zu staatlich gesetzten Glaubens- und Herrschaftsansprüchen. Ich bin schließlich kein Mitglied einer staatlich bevorzugten Amtskirche! Meiner christlich-lutherischen Grundüberzeugung widerspricht es, wenn der Staat sich als Hüter der Wahrheit und eine Kirche oder Moscheegemeinschaft sich als Speerspitze der gesellschaftlichen Ordnung aufspielt. Die Freiheit des Einzelnen, das ist meine Grundüberzeugung als lutherischer Christ und Demokrat, endet erst dort, wo die Freiheit meiner Mitmenschen anfängt.

Ich bin bereit, eine Maske zu tragen, um meinen Nächsten zu schützen – oder ihm zumindest dieses Gefühl zu geben, auch wenn ich den Sinn der Maske bezweifle. Ich bin bereit, für meine Mitmenschen staatliche Restriktionen zu erdulden, auch wenn ich deren Ziel verurteile. Aber ich bin NICHT bereit, Mobbing und Druck nachzugeben, wenn ich dadurch meine eigene Freiheit verliere. Je mehr der Staat mir droht, desto entschiedener verteidige ich meine Freiheit und Selbstbestimmung.

Kurzum: die “Freyheith eines Christenmenschen” (Luther) nehme ich ganz selbstverständlich für mich in Anspruch. Oder: ich lasse mich nicht impfen, weil ich mich nicht mobben lasse. Es mag wohl sein, dass ich dadurch zum Ärgernis für manche werde, aber zum Leben gehört das Gebasht-Werden und Aufstehen.

Politiker mögen mir drohen, mich zum Feind erklären und ihre Mitläufer mobilisieren. Impfen lasse ich mich deswegen nicht, jedenfalls nicht freiwillig; vielleicht unter Zwang, aber dann nur körperlich, niemals aus Überzeugung.

Warum ich mich nicht Impfen lasse? Ich hab’s erklärt. Warum lasst ihr euch impfen?

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3 thoughts on “Warum ich mich nicht impfen lasse

  1. Schade das du aus der Freiheit für alle Menschen nur die “Freyheith eines Christenmenschen” herausschneidest. Für mich meint Freiheit “an Nichst zu hängen”. Deine Freiheit führt ja offensichtlich zum “Kampf gegen…”. So kommt m.E. “der Krieg” in die Welt.
    So egoistisch wie Du für Dein “Fenster auf die Welt” eintrittst und Dich nicht Impfen läßt, so egoistisch tue ich es wegen der Sorge um meine! Gesundheit. Ich kenne durch häufige Bronchialerkrankungen die Sorgen und Nöte, wenn man um Luft ringt. Da entfallen alle anderen Sorgens- und Glaubens”kriege”. Insofern kämpfe ich um die Freiheit des atmenden Menschen.

    • Ich bin mir nicht sicher, ob Sie Luthers Schrift gelesen haben. Ein wichtiger Punkt darin, und darauf beziehe ich mich hier explizit: die Gottebenbildlichkeit. Luther erkennt: “Wie nun Christus die Erstgeburt innehat mit ihrer Ehre und Würde, ebenso teilt er sie allen seinen Christen mit, dass sie durch den Glauben auch alle Könige und Priester mit Christus sind.” Will sagen, die Identität (von der heute so oft und viel die Rede ist) schreibt einem kein Staat und keine Gesellschaft vor, keine politische Partei und keine Wissenschaft. Die Identität eines Christen ergibt sich aus der Taufe. Deshalb ist er in Glaubensfragen und, daran anknüpfend, in allen anderen wichtigen Entscheidungen nur an sein christliches Gewissen gebunden. Ein Herr Lauterbach oder Söder schreibt mir nicht vor, wie ich zu leben habe, das tue ich aus eigener Einsicht und Verantwortung vor Gott. Punkt!
      Sie haben insofern recht: meine Freiheit ist eine Abhängigkeit, sie hängt nämlich an Christus. Dadurch macht sie mich aber unabhängig von weltlichen Abhängigkeiten, seien sie politischer oder sozialer Natur. Sie ist auch nicht egoistisch, sondern – ganz im Gegenteil! – befreit zum Loslassen.

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