An dem Kind in der Krippe scheiden sich die Geister bis heute

Eine Adventspredigt, gehalten am 10 Dezember 2022 in Siegen

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt. In der Epistel für den morgigen dritten Adventssontag, im 1. Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth im 4. Kapitel heißt es:

Richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch ans Licht bringen wird, was im Finstern verborgen ist, und das Trachten der Herzen offenbar machen wird.

Liebe Kinder, liebe Erwachsene, Christen und Unentschlossene, Kirchenferne und Andersgläubige.

Ich gebe gerne zu, wenn mich jemand warten lässt, ist das nicht so mein Ding. Das geht vermutlich auch euch und Ihnen so. Warten auf die Rückgabe einer Klassenarbeit, auf das Ende der Maskenpflicht im ÖPNV oder auf ein Paket; da fällt mir so vieles ein. Und während wir warten, stellen wir uns vor, der Moment, auf den wir alle warten, ist bereits da: Die neuen UGG Boots sind angekommen, die Masken fallen, die Ampel tritt zurück, und plötzlich ist das alles nicht mehr so wichtig. Es gibt neue Wünsche, und wieder warten wir.

Wenn man sieht, mit was sich die Leute die Zeit bis Weihnachten vertreiben, will man kaum glauben, dass der Advent für Christen eine Fastenzeit ist. Die liturgische Farbe in den Kirchen ist violett: die Bußfarbe. Daran erkennt man, dass es beim Advent nicht um einen Zeitvertreib geht, sondern um eine Vorbereitung, ein Sich-auf-den-Weg-machen. Wenn der Herr kommt, steckt wesentlich mehr dahinter, als wenn der Paketbote endlich kommt und die vorige Woche aufgegebene Bestellung bringt. Die Christen wollen vorbereitet sein. So gesehen, macht das Plätzchenbacken, das Geschenke-Kaufen und Grußkarten-Schreiben doch Sinn: Zu Weihnachten will man niemandem etwas schuldig bleiben. Es soll Friede herrschen, und das ist ja schließlich auch das Motto hier und heute, einen Tag vor dem dritten Advent: “Gemeinsam für eine Welt in Frieden”.

Du bist Kurde, du hast kein Land. Du bist Russe, du hast den falschen Präsidenten – und du als Ukrainer auch. Du bist weiß. Du hast die falsche Religion. Du bist ein Verschwörer, und du bist ein Schwurbler. Das ist Alltag. Davon will man im Advent eigentlich gar nichts hören, denn es passt so wenig in die Zeit wie wie der schamhaft kaschierte Werbewürfel über der Tannenspitze auf dem Siegener Weihnachtsmarkt. Aber wenn es im Advent falsch ist, warum ist es dann im Rest des Jahres richtig?

Ich bin kein Freund davon, notwendigen Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen. Fakt ist, an dem Kind in der Krippe, auf das der Stern von Bethlehem hinweist, scheiden sich die Geister bis heute. Nicht jeder ist guten Willens. Aber das Dissen und Canceln gehört zu jener Dunkelheit, die wir mit dem Licht der Welt, mit Christus also, überwinden können – und damit komme ich zum Kern der Sache: Der Mittelpunkt unseres Glaubens ist, dass Gott in Jesus Christus zu uns gekommen ist, und dass er wiederkommt. Daher sollen wir die Augen offen halten, die Dinge sich entwickeln lassen und darauf vertrauen, dass Gott treu ist, uns nicht verstößt oder einem ungewissen Schicksal überlässt. Wir sollen unser Menschenmögliches tun und den Rest Gott überlassen, sonst wird es schräg.

Niemand weiß, wann der Herr wiederkommt. Unfruchtbare Spekulationen darüber bringen uns ebenso wenig weiter wie Verschwörungstheorien, die das Böse in der Welt nicht erklären können. Wenn man im Dunkeln die Straße entlang geht, kann man nur so weit sehen wie das Licht reicht. Aber weil Christus unser Licht ist, brauchen wir keine Angst vor der Zukunft zu haben. Er bringt uns sicher zum Ziel. Verplempern wir auf dem Weg dahin nicht unsere Zeit mit Anklagen und Beleidigungen. Unrecht gilt es selbstverständlich beim Namen zu nennen, und unsere Solidarität gilt immer den Verächtlich-Gemachten.

Kümmern wir uns also um die, die unsere Zuwendung brauchen, und machen wir uns das Leben nicht gegenseitig schwer. Helfen wir uns untereinander und versuchen, Frieden zu stiften, wo Zank und Streit herrschen. Das ist die beste Art, den Advent zu feiern, und zwar weit über Weihnachten und Ostern hinaus. Keiner von uns kennt die Zukunft. Niemand weiß, wann Christus wiederkommen wird; wir kennen weder Tag noch Stunde. Halten wir also die Augen offen, bleiben wach und vorbereitet und warten es ab. Gott wird so manche Überraschung für uns parat haben.
Amen.

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Anfang Dezember letzten Jahres (2021) machte der damalige Ministerpräsident des Saarlandes, Tobias Hans, eine klare Ansage an alle, die sich nicht impfen lassen wollten: »Ihr seid jetzt raus aus dem gesellschaftlichen Leben.« Freiheit und Würde des Einzelnen sollten fortan vom individuellen Wohlverhalten abhängig gemacht werden. Dagegen bin ich, wie viele andere auch, auf die Straße gegangen.

Vor zwei Tagen (im August 2022) erreichte mich eine Nachricht von »Olli«, dem Organisator der Siegener Montagsdemos. Wenn mir nicht gefiele, was er redet und tut, dann solle ich »den Demos echt fern bleiben«. »Aber solltest Du verstanden haben, dass es um einen Genozid geht, bist Du bei uns natürlich gern wieder willkommen.» Damit war ich also von seiner Seite raus. Das allerdings hatte ich für mich schon viel früher entschieden.

Nachdem aus den freien Siegener Spaziergängen angemeldete Demos wurden, zeigte sich bald: Organisator »Olli« nutze die Gelegenheit zur Selbstdarstellung. Wir waren für ihn hauptsächlich Publikum. In langen Monologen ließ er sich aus über geheime Biolabore und das Ausbringen von Giftstoffen in die Luft (»Chemtrails«), um Menschen zu manipulieren oder gar zu vergiften. Die Impfung beurteilte er als versuchten Genozid. Als dann noch das Prinzip der Gewaltenteilung in Frage gestellt wurde, (»wir hoffen, dass uns die Polizei eines Tages dabei helfen wird, die verantwortlichen Politiker zu verhaften«), war für mich klar: Ich konnte und wollte diesem Treiben nicht länger durch Teilnahme zustimmen. Seit Ende April ist für mich Schluss.

Als im August das Thema Siegener Demos auf Twitter aufkam, machte ich meine Bedenken ohne Umschweife deutlich: »Leider, leider kann man in Siegen montags nicht mehr guten Gewissens mitdemonstrieren. Mit dem Anmelder ›Olli‹ dominiert ein Schwurbler aus dem Bilderbuch das Geschehen. Der Typ instrumentalisiert die Demos zur Förderung des eigenen Egos. Schwer zu ertragen.« Seine Reaktion darauf war sehr typisch und bestätigte meine Einschätzung voll und ganz: »Stellst Du Dich nicht selbst gerade als großer Olligegner dar? Woher Dein Neid?«

»Neid« also! Während wir Besonnenen auch nach drei Jahren noch immer erstaunt und verunsichert sind angesichts der brutalen Durchsetzung von Unfug, tönen Leute wie »Olli« anderen Unfug, aber ebenso rechthaberisch und unduldsam in Mikrophone und lassen damit mobile Lautsprecherboxen vibrieren. Ausnahmsweise passt hier der Begriff Schwurbler, der jedoch auch zu Politikern wie Hans und vielen anderen, auch manchem Medienvertreter passt. Den einen wie den anderen sollte man nicht länger zuhören. Tobias Hans verlor die Wahl krachend. Ein Gernegroß! »Olli« steht ihm in nichts nach, nur ist seine Bühne viel kleiner. Der Siegener Jakob-Scheiner-Platz ist nicht das sehnlichst erwünschte Studio von Maybritt Illner.

Die Zeit der Einpeitscher muss zu Ende gehen. Leute wie »Olli« stehen nicht auf unserer Seite. Es ist kein Spaß, mit den Ängsten der Menschen zu spielen und sich durch markige Sprüche Bewunderung erschleichen zu wollen. Die Tragödie der Polarisierung und Cancel Culture, die Politik und Presse derzeit bis auf wenige Ausnahmen aufführen, sollte man nicht selber als Komödie auf die Straße bringen. Wer noch immer in Siegen mitläuft, demonstriert gegen Freiheit und Selbstbestimmung.

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“With lies, you may get ahead in the world — but you can never go back.” – Russian Proverb

You can be the noblest character: trustworthy, loyal, caring and strong, patient and honest, nevertheless, others might see you as second best. Fact! So why is it still important to become a person others can rely on? Short answer: it’s to do with self-respect. If I give my word, it’s given. Keeping one’s word is the crown of character in my world. We can discuss many things but if you ever want me to do something, ask me to promise.

Writing this I’m sitting at my grandfather’s desk. My grandfather had a glue factory, and he knew very well that if you cannot trust a man’s word, you cannot trust his signature because it’s all about a question of honour: a man is only as good as his word.

Beel, Irle & Co.

When the German government started its energy transition and the traffic light coalition later joined the sanctions against Russia people believed the government had weighed the costs and could deliver. Now we are facing skyrocketing inflation and a real energy crisis. Suddenly, the government is bringing dirty coal plants back online and telling people to take shorter showers. Clearly, the government isn’t able to finish what it has started. It will soon be mocked because it is failing to keep its word. While you can’t live commitment-free, make sure you can complete what you have begun.

I once had an appointment at the notorious Torgau prison. They were looking for an English teacher, and I applied for the job. When the prison psychologist asked me whether I was able to say no, I immediately knew what she wanted to find out. She wasn’t so much interested in my good intentions but rather in my commitment to fulfil them. In the end, talking the talk is not enough, you also have to walk the walk.

I’m a theologian, and I pity that in modern-day theology the word has lost its meaning. Everything can be interpreted freely, there is nothing sure to hold onto. Yet, it’s easy to turn a friend into an enemy if you don’t keep your promises because it’s obvious that if you care about someone, you’ll keep your words, and you expect the same vice versa. Sir Winston Churchill once said: “You have enemies? Good. That means you’ve stood up for something, sometime in your life.” Integrity is not for everyone.

To sum it up, my Lutheran faith, life and family background have taught me to say what I mean and mean what I say. Even though this should be the norm, it often makes me stand out. For me, keeping one’s word is a token of nobility and goodness, and it shows respect to others as well as to oneself. I’ve got strong moral principles and I don’t reject leadership. The best way to lead is leading by example. If you want to put me to the test, ask me to promise.

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Weihnachtliche Andacht zu Johannes 1,14

Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit.

Christus, der Game-Changer

Klirrend kalt ist es die letzten Tage gewesen, und das hat nicht nur an den niedrigen Außentemperaturen gelegen. Auch die gesellschaftliche Kälte haben wir alle extrem zu spüren bekommen: in den Familien, am Arbeitsplatz, in den Schulen und im Freundeskreis. Auch seitens der Politik und vieler Medien ist uns ein eiskalter Wind entgegengeschlagen: Freundschaften sind daran zerbrochen; Angst, Streit und Ungewissheit haben Viele nachts nicht schlafen lassen.

Ein sehr bekanntes englisches Weihnachtslied heißt “In the Bleak Midwinter” (Mitten im kalten Winter). Die erste Strophe beschreibt diese frostige Zeit sehr gut: klirrend kalter Wind, die Erde hart wie Eisen, das Wasser wie ein Stein.

Heute ist der zweite Weihnachtsfeiertag. Ob wir Christen sind oder nicht, wir alle stehen heute Abend hier, viele von uns mit einer Kerze in der Hand, weil wir wissen: Es reicht nicht, auf bessere Zeiten zu warten. Natürlich, der Frost wird nicht in der Erde bleiben. Aber was ist mit dem Frost, der in die Herzen gekrochen ist, was mit den entstandenen Verhärtungen in der Gesellschaft, in den Familien und im Freundeskreis?

In der zweiten Strophe heißt es: “Himmel und Erde werden entfliehen, wenn Er kommt, um zu herrschen.”

An Weihnachten feiern wir die Geburt Christi. Aber wenn wir das Fest nur als Kindergeburtstag verstehen, verkennen wir seine wahre Bedeutung. Tatsächlich ist es eine Krönung: der Herr der Heerscharen, Gott selbst, reißt die Himmel auf, entfernt Schloss und Riegel und öffnet Tor und Tür.

Im Stall von Bethlehem wird Gott zum Game-Changer. Er kommt nicht her vom Himmel hoch, um mit etwas mehr Mitgefühl für uns in den Himmel zurückzukehren, sondern er kommt, um zu bleiben – und das ist eine schlechte Nachricht für all jene wie Herodes, die glauben, sie könnten sich aufblähen und mit allerlei Forderungen, Pflichten, Zwängen, Lügen und Ungerechtigkeit irdische Machtansprüche stellen.

In der letzten Strophe von “In the Bleak Midwinter” taucht wie Frage auf, was wir ihm geben können. Schließlich sind unsere Mittel und Möglichkeiten begrenzt.

Wir können und müssen keine Vorleistungen erbringen. Gott kommt nicht mit einem Katalog von Forderungen. Pflichten und Zwänge sind keine Mittel seiner Herrschaft. Allein unser Glaube ist wichtig, und das Vertrauen, sich von ihm verändern zu lassen. Gott hat im Stall von Bethlehem eine Bewegung gegründet, und die Botschaft lautet: schließt euch an, macht mit und verändert die Dinge zum Guten. Die Welt kann nicht verloren gehen, weil Gott selbst zu ihrer Rettung erschienen ist. Das ist der Grund der weihnachtlichen Freude: Glaube, Liebe und Hoffnung führen zum Ziel.

Unser Beitrag sind die drei, vor allem aber die Liebe.

Wer mit mir beten möchte, kann das jetzt tun.

Gebet

Herr, die Könige brachten dir Gold, Weihrauch und Myrrhe.
Aber wir haben nichts, was wir dir bringen könnten.
Deshalb bringen wir dir, was du uns gebracht hast: unser Leben für dein Leben.
Amen.

Die Siegener Lutheraner feierten am 19. September 2021 ihr hundertjähriges Gemeindejubiläum. Aus diesem Anlass war Bischof Hans-Jörg Voigt DD nach Siegen gekommen, um in der St.-Christophorus-Kirche die Festpredigt zu halten. Bischof Voigt verglich die Kirche mit einem Botschaftsgebäude und spielte damit nicht nur auf die Diasporasituation der heimischen Lutheraner an: „Eure Gemeinde und Kirche sind eine Botschaft des Reiches Gottes in dieser Zeit und Welt.“

Die Ewigkeit habe schon angefangen, als Jesus am Kreuz ausrief: „Es ist vollbracht!“

Während das Virus im Lande schon länger bestehende Konflikte aufbrechen lasse und besonders junge Menschen Naturveränderungen als Bedrohung erlebten, sei es tröstlich zu wissen, „dass nicht wir die Welt erlösen müssen. Das tut Gott. Gott rettet die Welt“, so der Bischof, der seine Predigt so beendete: Hier in eurer Gemeinde, deren 100. Geburtstag wir heute feiern, und in dieser Kirche kommen deine Beziehungen wieder in Ordnung und die Angst vor der sich verändernden Natur wird klein, weil Gott hier wohnt.

Der Predigt schloss sich die Feier des Heiligen Abendmals an. Nach dem Gottesdienst gab es auf dem Kirchengelände ein gemütliches Beisammensein mit Bratwurst, Salaten und Getränken, später auch Kaffee und Kuchen.

Zum Hintergrund:

Ca. 1570 wird das Siegerland unter Graf Wilhelm dem Reichen lutherisch. Allerdings wird schon 50 Jahre später das reformierte (calvinistische) Bekenntnis eingeführt. Ausschlaggebend waren keine konfesionellen Überlegungen, sondern Macht und Politik. Als Folge dessen sind die meisten evangelischen Kirchengemeinden des Siegerlandes noch heute reformiert und gehören zur westfälischen Landeskirche, die wiederum eine Gliedkirche der EKD ist.

Vor etwas über 100 Jahren trifft sich ein kleines Häuflein Lutheraner zunächst noch in Privathäusern, doch schon 1920 werden sie von einem Pfarrer der Kölner St Johannis-Gemeinde betreut, und es kommt zur Gründung einer lutherischen Gemeinde, die kurze Zeit später im Vereinshaus Hammerhütte Unterkunft findet. Die Gemeinde wächst. 1971 wird die St. Christophorus-Kirche im Siegener Stadtteil Numbach errichtet.

Die Siegener Gemeinde gehört zur Selbständigen Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK), die keine Freikirche, sondern eine konfessionelle Minderheitenkirche ist. Anders als die multikonfessionelle EKD nimmt die SELK einen betont lutherischen Standpunkt ein. Das Selbstverständnis der SELK ist ökumenisch, also im besten Sinne des Wortes katholisch, orthodox und evangelisch.

Weiterführende Links:

Über einen medizinischen Eingriff in meinen Körper, nichts anderes ist eine Impfung: ein Eingriff in das Immunsystem, entscheide ich ganz alleine. Das muss ich weder begründen noch muss ich mich dafür rechtfertigen. Die aufgeheizte Debatte in Deutschland verlangt aber nach einer theologischen Refexion, und weil sich die Amtskirchen darum drücken, will ich versuchen, eine öffentliche Orientierung zu geben.

Ich lasse mich aus Gründen der politischen Ethik nicht impfen. Ich bin kein Arzt und urteile demnach nicht als Mediziner. Aber ich habe mich mit einer befreundeten kurdischen Ärztin mehrmals ausgetauscht. Auch sie wird sich nicht gegen COVID-19 impfen lassen, aus gut begründeter Angst vor Neben- und unerwünschten Langzeitwirkungen. Mit der Infektion hat sie Erfahrung, beruflich wie persönlich: sie ist genesen.

In Deutschland und anderswo versuchen zunehmend Politiker und Verbandsfunktionäre das Meinungsbild zu bestimmen. Gegenmeinungen werden als Verschwörungstheorien, Sondervoten oder blanker Unsinn, wenn nicht gar als rechtsradikal abgetan. Das ist weder demokratisch noch wissenschaftlich, denn Demokratie und Wisssenschaft leben vom Diskurs: von der Rede und Gegenrede, von Beweisen und Gegenbeweisen bis vorläufig eine mehrheitsfähige Übereinkunft gefunden worden ist. Bei COVID-19, so sagen diese Politiker, ist es anders: die einen haben einfach recht, die anderen sind völlig im Unrecht. Ich bin Theologe, die Begriffe für diese Haltung in meiner Disziplin sind Rechtgläubigkeit (Orthodoxie) und Ketzerei (Häresie).

Von Orthodoxie und Häresie zu sprechen macht Sinn, immer wenn es um Weltanschauung und Bekenntnis geht. Ich z. B. bekenne mich zur Dreifaltigkeit, zur Augsburger Konfession und zur Ehe als Schutz der Liebe zwischen Mann und Frau. Aber ganz ausdrücklich bekenne ich mich NICHT zu irgendeiner staatlich vorgeschriebenen Moral und zu staatlich gesetzten Glaubens- und Herrschaftsansprüchen. Ich bin schließlich kein Mitglied einer staatlich bevorzugten Amtskirche! Meiner christlich-lutherischen Grundüberzeugung widerspricht es, wenn der Staat sich als Hüter der Wahrheit und eine Kirche oder Moscheegemeinschaft sich als Speerspitze der gesellschaftlichen Ordnung aufspielt. Die Freiheit des Einzelnen, das ist meine Grundüberzeugung als lutherischer Christ und Demokrat, endet erst dort, wo die Freiheit meiner Mitmenschen anfängt.

Ich bin bereit, eine Maske zu tragen, um meinen Nächsten zu schützen – oder ihm zumindest dieses Gefühl zu geben, auch wenn ich den Sinn der Maske bezweifle. Ich bin bereit, für meine Mitmenschen staatliche Restriktionen zu erdulden, auch wenn ich deren Ziel verurteile. Aber ich bin NICHT bereit, Mobbing und Druck nachzugeben, wenn ich dadurch meine eigene Freiheit verliere. Je mehr der Staat mir droht, desto entschiedener verteidige ich meine Freiheit und Selbstbestimmung.

Kurzum: die “Freyheith eines Christenmenschen” (Luther) nehme ich ganz selbstverständlich für mich in Anspruch. Oder: ich lasse mich nicht impfen, weil ich mich nicht mobben lasse. Es mag wohl sein, dass ich dadurch zum Ärgernis für manche werde, aber zum Leben gehört das Gebasht-Werden und Aufstehen.

Politiker mögen mir drohen, mich zum Feind erklären und ihre Mitläufer mobilisieren. Impfen lasse ich mich deswegen nicht, jedenfalls nicht freiwillig; vielleicht unter Zwang, aber dann nur körperlich, niemals aus Überzeugung.

Warum ich mich nicht Impfen lasse? Ich hab’s erklärt. Warum lasst ihr euch impfen?

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During the pandemic, I regularly strolled around Siegen. It’s inspiring to see old things new, and it offers you a chance to realign with yourself and your surroundings. Here are some impressions from Ascension Day 2021.

“Gott wird uns nicht retten, das werden wir tun”, erklärte Luisa Neubauer im Berliner Dom Ende Februar 2021. Nicht von ungefähr erinnert es an eine Losung aus längst vergangenen DDR-Zeiten: “Ohne Gott und Sonnenschein bringen wir die Ernte ein.” Mensch und Natur wurden vollständig der herrschenden Ideologie unterworfen. Wer es ohne Gott versucht, glaubt, es besser zu können.

Für Christen ist ein achtsamer Umgang mit Gottes Schöpfung selbstverständlich – sollte es zumindest sein. Wir wissen, dass wir selber Teil der Schöpfung sind und nicht etwa über ihr stehen. Auch sind wir nicht perfekt, weshalb jedes Streben nach Perfektionismus pure Selbstüberschätzung ist. Wenn es gut läuft, sind wir aufrichtige Verwalter, die nach bestem Wissen und Gewissen hegen, pflegen und aufwerten, was uns nicht gehört.

Wir Christen sollen und müssen Verantwortung übernehmen, ohne dabei Chef spielen zu wollen. Konkret heißt das: jeder sollte sich Gedanken darüber machen, welchen Beitrag er oder sie leisten kann. Welche Verantwortung gilt es zu übernehmen? Umweltschutz ist unsere Aufgabe, aber auch Tierschutz. Ich zum Beispiel bin Vegetarier, weil ich zur industriellen Ausbeutung der Tiere nicht beitragen will. Es gibt viele Möglichkeiten, sich einzubringen. Nicht von jedem kann ich dasselbe erwarten. Respekt vor dem Beitrag eines jeden gehört dazu, denn wenn die Bewahrung der Schöpfung zur Rechthaberei und Gängelung wird, dient sie den Machtinteressen einzelner und nicht mehr dem Allgemeinwohl. Es gehört auch zu unseren Aufgaben, darauf hinzuweisen.

In diesem Zusammenhang stellen sich eine Reihe von Fragen: Erstens, ist der Versuch einer Standardisierung des Klimas, also die Formulierung von Klimazielen, noch berechtigte Sorge um das Allgemeinwohl oder schon maßlose Selbstüberschätzung? Zweitens, wissen wir überhaupt genug über das Klima und seine Dynamik, um Klimaziele realistisch zu formulieren? Drittens, stellen wir nicht viel zu viele Forderungen statt auf Motivation und Unterstützung zu setzen? Menschen mutlos zu machen, sie letztlich sogar zu entmündigen, spricht jedenfalls nicht von Achtung, sondern von Herablassung. Viertens schließlich, ist der naive Glaube an die Unfehlbarkeit der Wissenschaft nicht gefährlich? Durch wissenschaftliche Methoden kann sowohl Gutes bewirkt als auch Schaden verursacht werden.

Die Wissenschaft kann uns helfen und voranbringen, aber sie kann uns auch manipulieren und zurückwerfen. Jeder weiß das. Wissenschaft ist so gut oder schlecht, so korrupt oder integer wie die Menschen, die sie betreiben. Plagiate, falsche Doktoren und Laien, die trotzdem entscheidende Entdeckungen machen: Wahrheit hängt nicht von Titeln ab. Auch das weiß man. Oft ist Wissenschaft nichts anderes als Jagd nach Geld und Ruhm.

Der wichtigste Beitrag, den wir als Christen zur Klimadebatte leisten können, ist daran zu erinnern, dass es ohne Ehrfurcht vor dem Schöpfer keine Ehrfurcht vor der Schöpfung gibt, und der irrende Mensch böse auf die Nase fällt, wenn er auf allmächtig macht. Der Wille zur Macht ist dem Menschen inhärent. Für diese Wahrheit muss nicht mal die Theologie bemühen, ein Blick in die Geschichtsbücher reicht schon.

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Die klimareligiöse Welle ist eine Absage ans Christentum

A good way to celebrate spring in these lockdown times is to take the camera and have a walk around town. I did that on Easter Sunday. Only a day later, the wintry weather was back. I took some time to visit places from the past, not to dwell in past times but to realign my mind for the challenges ahead. A good way to prepare yourself for the festival of the resurrection.

Rund 3 Jahre lang haben wir Vokabeln gepaukt und Grammatik gebüffelt. Heute ist Rumänien für mich ein echter Wohlfühlraum.

Dr. Hildegard Dengel war uns stets eine strenge und facettenreiche Lehrerin: nicht nur Aussprache stand auf ihrem Lehrplan, sondern auch die Geschichte Rumäniens und sehr viel Landeskunde.

3 Jahre, die sich gelohnt haben: Rumänien ist mir zur Wohlfühlzone geworden.

Im Januar 2009 war es dann endlich soweit: wir bekamen unsere Teilnahmebescheinigungen und der amtierende Freudenberger Bürgermeister eine Lektion in Rumänisch:

“Im Rumänischen steht der unbestimmte Artikel vor dem Wort, aber der bestimmte Artikel ist ein Suffix.” Daraufhin gestand Bürgermeister Günther ein: “Es ist heftig, wenn man nach 6 Jahren Schulfranzösisch in Frankreich volltanken will und plötzlich wie der Ochs vorm Berge steht.”

Faceţi-mi vă rog plinul! Bitte volltanken auf Rumänisch.

Den Tank vollbekommen: kein Problem!, auch wenn ich zwischen Timișoara und București meistens mit dem Zug unterwegs bin. Aus einem unbekannten Land ist mir eine echte Komfortzone geworden, und hin und wieder besuche ich die Gottesdienste der rumänisch-orthodoxen Kirchengemeinde in Siegen.

Während sprachlich manches in Vergessenheit geraten ist, sind Interesse und Zuneigung geblieben. Rumänien ist ein faszinierendes und widersprüchliches Land voller Reichtümer, Schönheiten und Abgründe. Eine romanische Sprache, direkter Erbe des klassischen Lateins, mit diversen slawischen Lautmerkmalen. Lebensfrohe Leichtigkeit, gepaart mit der Tiefgründigkeit orthodoxer Spiritualität. Die Landesgeschichte ist kompliziert. hin und hergeworfen zwischen Okzident und Orient, wovon auch die vielen Mythen und Sagen zeugen. Naturwunder, eine erstaunliche Architektur und eine ursprüngliche Landschaft. Ich bin nicht der einzige, der davon nicht mehr loskommt.

Übrigens kandidierte ich 2009 auch für das Bürgermeisteramt. Aus diesem Anlass führte die rumänische Journalistin Karina Gheorghe ein Interview mit mir.

Interview mit Rainer Beel
Fragen: Karina Gheorghe*

Karina Gheorghe: Wie sind Sie überhaupt dazu gekommen, im Bereich Politik tätig zu werden?

Rainer Beel: Ich bin schon immer politisch interessiert gewesen, aber sich zu engagieren? Ich stehe in manchem sicherlich links; zum Beispiel was den Gerechtigkeitsgedanken angeht. Vom Hintergrund und meinem Selbstverständnis her bin ich aber bürgerlich; und auch in vielem sehr wertkonservativ.

Meine erste Prägephase war in den 80er Jahren. Ich hörte damals Nena und wählte grün. Eine zweite hatte ich Anfang der 90er. Ich war zu der Zeit am Siegerlandkolleg, und dort waren es vor allem zwei Lehrer, die aus dem Funken Interesse das Feuer Engagement entfachten. Auch der Zusammenhang zwischen dem, was in einer Gesellschaft gilt und ihrem Erscheinungsbild wurde mir mehr als deutlich. So begann ich kurz entschlossen das Studium der Theologie statt der Politik. Englisch hatte ich sowieso machen wollen. 1998 trat ich der UWG bei. Die gibt es heute nicht mehr. Ein bisschen Protest und Unzufriedenheit mit den Verhältnissen hier vor Ort steckte auf alle Fälle dahinter. Ein Jahr später wurde ich Bürgermeisterkandidat der UWG. Das war natürlich noch zu früh.

Aus welchen Gründen möchten Sie nun nach 10 Jahren im Stadtrat für das Bürgermeisteramt kandidieren? Welches sind die Beweggründe Ihrer Kandidatur zum Bürgermeister?

Mich erschüttert der schleichende Niedergang, denn ich liebe meine Heimatstadt sehr. Es ist höchste Zeit, etwas dagegen zu unternehmen. Die Freudenberger sollen wieder sagen können, daß es schön ist, hier zu leben. Als Bürgermeister möchte ich jeden Tag präsent sein und die Dinge voranbringen.

Sie sagten, Sie wollten die Kommunalpolitik ganz an den Nagel hängen. Warum haben Sie sich letzten Endes doch umentschieden?

Sicherlich hätte ich einen Schlußstrich ziehen können. 10 Jahre Opposition, 10 Jahre Aufzeigen von Alternativen und 10 Jahre der Abwehr nicht nachvollziehbarer Entscheidungen sind genug. Danach muß es weitergehen, oder es dreht sich alles im Kreis.

Leute, auf deren Meinung ich viel gebe, haben mich davon überzeugt, jetzt noch einmal als Bürgermeisterkandidat anzutreten. Die Zeit sei reif für eine Veränderung – und ich denke, sie haben recht.

Sie sagten, es gehe nun um alles oder nichts: Bürgermeisteramt oder Abschied von der Kommunalpolitik. Was gedenken Sie zu tun, wenn Sie Abschied von der Kommunalpolitik nehmen müssten. Welche Alternativen / Zukunftspläne haben Sie?

Beruflich würde sich zunächst nichts ändern. Politisch schon. Ich habe mich noch nie irgendwo aufgedrängt. In meinem Leben haben sich die Dinge bisher immer ergeben. Darauf setze ich auch weiterhin. Ich bin jetzt 42, ledig und flexibel genug, um noch mal was ganz anderes anzufangen.

Warum denken Sie, dass Sie die richtige Person für das Bürgermeisteramt sind?

Ich bin nicht nur parteilos, sondern auch parteiunabhängig. Ich bin verläßlich und konfliktfähig, ich kann ziemlich hartnäckig sein und weigere mich, in Schablonen zu denken. Selbst meine Gegner sprechen mir Entschlossenheit und persönliches Engagement nicht ab. Das alles möchte ich nutzen, um das Amt mit Charakter zu führen.

Welche Pläne haben Sie, wenn Sie die Kandidatur zum Bürgermeister gewinnen?
Was wollen Sie bewegen in Freudenberg?

Als Bürgermeister möchte ich ganz einfache Dinge tun. Ich möchte dafür sorgen, daß unsere Schulen in Ordnung sind, und daß in den Ämtern nicht nur verwaltet, sondern auch beraten wird. Ich möchte mich darum kümmern, daß man überall instand gehaltene Straßen vorfindet und die Grünanlagen wieder einladend aussehen.
Außerdem habe ich vor, unseren Kommunalpolitikern auf die Finger zu schauen.

Freudenberg hat einen mittelalterlichen Stadtkern. Den zu erhalten und mit neuem Leben zu erfüllen, würde ich als meine Aufgabe betrachten.

Aber Freudenberg hat auch viele Ortsteile mit jeweils eigener Geschichte und eigenem Charakter. Ich denke, daß es an der Zeit ist, ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu entwickeln: Holzklauer und Alcher, Bühler und Büscher, Bottenberger, Lindenberger und Heisberger, Oberfischbacher, Heuslinger und Niederndorfer, Dirlenbacher, Flecker und Plittershagener, Mausbacher und Hohenhainer. Nur zusammen sind wir stark.

Wie lange dauert Ihr Amt, wenn Sie die Wahl gewinnen würden? Wen würden Sie dann ablösen und nach wie langer Zeit?

Die Amtszeit des Bürgermeisters ist verlängert worden. Ich würde 6 Jahre, also bis zum Herbst 2015 im Amt bleiben und müßte mich dann erneut zur Wahl stellen. Ablösen würde ich Eckhard Günther, der seit 1999, also schon seit 10 Jahren im Amt ist.

*Die Journalistin Karina Gheorghe lebt in Temeswar/Timişoara.