Seit 50 Jahren gibt es schon das Siegerland-Kolleg. Es ist ein “Institut zur Erlangung der Hochschulreife”. Vor 20 Jahren machte ich dort mein Abi. Heute, zum Jubiläum steht das Kolleg heftig in der Kritik. Zu Unrecht, wie ich finde.
Worum geht es? Derzeit ist Sascha Maurer Kollegiat am Haardter Berg. Maurer sitzt für die NPD im Rat der Stadt Siegen. In der Festschrift anlässlich des Jubiläums sollte ein Beitrag von ihm erscheinen. Titel: “Das Einzugsgebiet des Siegerland-Kollegs”. Laut Kolleg eine Arbeit mit “statistisch-auswertenden Schwerpunkt” und ohne “politische oder anderweitig problematische Inhalte”. Dennoch setzte ein regelrechter Shitstorm ein: Joe Mertens, Vorsitzender des Vereins VEB (Volkseigener Betrieb Politik, Kunst & Unterhaltung), Sprecher der VVN-BdA und stellvertretendes Mitglied im Schulausschuss für die Partei “Die Linke” postete auf Facebook: “An die Verantwortlichen des Siegerland-Kollegs: Nicht mitbekommen, dass der Typ für die NPD im Rat sitzt? Deppenpack! So macht ihr die Säcke gesellschaftsfähig.”
Zwei Tage später erschien in der WAZ ein Artikel mit der Überschrift “NPD-Politiker schreibt Text für das Siegerland-Kolleg”. Darin wird Mertens wie folgt zitiert: “Wir dürfen es nicht zulassen, dass sich so jemand in der demokratischen Gesellschaft versteckt.“ Blogs, Radio und Fernsehen zogen nach. Auf der Facebook-Seite des Kollegs wurde mächtig Dampf abgelassen und schließlich machten Landrat Paul Breuer (CDU) und die Bezirksregierung Druck. Die Festschrift wird nun ohne den Artikel erscheinen, aber mit einem “Hinweis” – und der Beitrag Maurers soll “der Schulöffentlichkeit“ zugänglich sein.
Ich denke, das Siegerland-Kolleg hat völlig recht, wenn es sich auf Artikel 3 des Grundgesetzes bezieht und schreibt, dass kein Studierender wegen seiner politischen Einstellung diskriminiert werden darf. Naziparolen und andere menschenverachtende Sprüche sind nicht okay und müssen von niemandem geduldet werden. Aber es muss ein Unterschied zwischen Position und Person gemacht werden, sonst herrschen bald Willkür und Gesinnungsabsolutismus.
Zweifellos ist es noch immer ein Hauptanliegen des Kollegs, die Entwicklung zur mündigen, kritischen und sozialen Persönlichkeit zu unterstützen. Indoktrination von außen steht dem allerdings entgegen, weil sie die Akzeptanz von Entscheidungen zunichte macht und das Gemeinschaftsgefühl schwächt. Demokratisches Empfinden stärkt man so nicht.
Ich halte es für ein starkes Stück, die Lehrerschaft als “Deppenpack” zu beschimpfen und die Schule so in Misskredit bringen zu wollen. Das ist aus meiner Sicht nichts anderes als politisch motiviertes Mobbing.
Extremistischen Tendenzen, und zwar gleich welcher Art, gilt es sich immer entgegenzustellen, und in einem Land wie dem unseren, mit unserer Geschichte, unseren jüdisch-christlichen und auch humanistischen Wurzeln, ist Widerstand gegen autoritäres, totalitäres und diskriminierendes Gedankengut kein linkes Projekt, sondern eine Sache aller Bürgerinnen und Bürger.
“und in einem Land wie dem unseren, mit unserer Geschichte, unseren jüdisch-christlichen und auch humanistischen Wurzeln, ist Widerstand gegen autoritäres, totalitäres und diskriminierendes Gedankengut kein linkes Projekt, sondern eine Sache aller Bürgerinnen und Bürger.”
Sehr sehr wohl. Nur: Maurer verhält sich unauffällig und zuvorkommend. Was er denkt ist dem bunten Querschnitt des Siegerlandkollegs offensichtlich egal. Wie sonst ist die Gleichgültigkeit zu erklären, dass Maurer ohne Stellung beziehen zu müssen durch seine Schulzeit kommt?
Denk doch mal nach Beel…
Schade, Sie haben den Text nicht verstanden. “Aktive Verfassungstreue” ist keine Voraussetzung für den Schulbesuch und die Teilnahme an Schulprojekten. Andernfalls hätte auch mancher Linksaktivist ein Problem.
Es geht nicht darum, diesen Beel’chen Text zu verstehen…
Schon gar nicht geht es darum, hier anonym Brüskierungen zu spammen. — Noctuus
Meinen Sie nicht, dass ein Stilmittel wie Zensur ihnen bei künftigen Auftritten in der Öffentlichkeit mehr schadet als ein kritischer Kommentar zu einem Artikel hier?
Doch – und deshalb übe ich keine aus, aus Überzeugung nicht. Was Sie allerdings abgeliefert haben, ist kein “kritischer Kommentar”, sondern reine Polemik gewesen. Das “Beelchen” könnte man auch Pöbelei nennen. Das hätte ich Ihnen auch per Mail geschrieben, wenn Sie eine Adresse angegeben hätten.
Kritik geht immer, aber dazu muss man bereit sein, sich auf Argumente einzulassen. Sie werfen mir Zensur vor, sprechen sich aber selber für welche aus. Schlimmer noch: Sie verlangen die Tilgung von Namen! Halten Sie unsere Demokratie für so schwach?
Ich muss mich doch zwingend fragen, ob ich zum Prinzip erheben kann, was ich in einem Einzelfall fordere: Kann ich einen Schüler ausschließen, der sich aus religiös-nationalistischen Motiven für die Vernichtung Israels stark macht? Hätte ein Beitrag von Bushido in besagter Festschrift erscheinen dürfen? Müsste das Mitglied einer K-Gruppe hingegen ausgenommen werden? Wie steht’s mit einem Scientologen?
Der Ideologie Maurers, ob er ihr nun abgeschworen hat oder nicht, gilt es entgegenzutreten. Sie ist schlicht und einfach menschenverachtend. Der Mensch Sascha Maurer aber darf nicht gleichgesetzt werden mit einer Ideologie. Wenn nicht aus der Theorie, so sollte jeder diese Lehre aus der Praxis der Nazis gezogen haben. Für die gab es nämlich nur ihresgleichen und Untermenschen, und letztere galt es auszumerzen. So geschah es dann auch, von der Bücherverbrennung bis zu den Krematorien in den Vernichtungslagern.
Die Schule hat vollkommen richtig gehandelt. Sie hat braunem Gedankengut kein Forum gegeben, aber Maurer nicht ausgeschlossen.