“Gehört das Christentum noch zu Deutschland?” Provokant? Ich fand die Zeitungsüberschrift berechtigt. Tatsächlich ist das die viel wichtigere Frage als das Für und Wider, ob der Islam zu Deutschland gehört. Bis in die deutschen Amtskirchen hinein ist die Säkularisierung so weit fortgeschritten, dass der Theologe Klaus-Peter Jörns schon vor 20 Jahren feststellte, “dass das traditionell Christliche nicht mehr als nur noch einen Bodensatz ausmacht”. Fakt!
Wer heute zu erkennen gibt, dass er wirklich Christ und gläubig ist, erntet allenfalls noch Spott und Mitleid. Die Herren Marx und Bedford-Strohm tragen ihre Kreuze nur noch situativ – oder nehmen sie ganz ab, wenn es opportun erscheint. Die CSU will das Kreuz überhaupt nicht mehr christlich verstanden wissen und kaum noch jemand weiß, worum es an Pfingsten geht.
Vom Christentum ist hierzulande kaum noch etwas übrig geblieben. Im Religionsunterricht geht es um Klimawandel und Gender-Mainstreaming. Das “C” in CDU und CSU ist so unverbindlich wie die Merkel-Raute, die Deutschland heute viel eher symbolisiert. Die Gleichgültigkeit gegenüber christlichen Moralvorstellungen hat zur Abschaffung des alten Ehebegriffs geführt.
Je nebensächlicher und belangloser die religiöse Bindung wird, desto schwülstiger werden die Bekenntnisse zum angeblich christlich-jüdischen Deutschland. Auschwitz und Treblinka sprechen da allerdings eine andere Sprache. Für viele Deutsche ist Gott nicht erst seit heute so tot wie Überzeugungen wie Ehre, Respekt und Wahrheit.
Was nun, ist das Christentum nur noch Erinnerung, eine Episode in der Geschichte?
Für mich ist das Christentum Ansporn zur Aufrichtigkeit, zu Mut und Treue, zur schwierigen Selbstverleugnung um Gottes willen. Individualisten entstehen nicht durch Hingabe an Schwäche und Egoismus. Individualisten entstehen durch den Kampf mit sich selber.Søren Kierkegaard drückte es so aus: “Das Selbst des Menschen, (ist) ein Verhältnis, das sich zu sich selbst verhält und, indem es sich zu sich selbst verhält, sich zu einem anderen verhält.“